Bau und StreckeneröffnungDie Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft (MHE) begann 1862 mit dem Bau des ersten Streckenteilstücks von Halle nach Vienenburg. Die Teilstrecke zwischen Wegeleben über Nachterstedt nach Aschersleben ging am 12. April 1866 in Betrieb. 1872 wurde die 125,9 Kilometer lange Gesamtstrecke eröffnet. Der Bahnhof trug die Bezeichnung Nachterstedt.
Das Empfangsgebäude Nachterstedt
Das traufenständige, einstöckige Fachwerkgebäude mit Mezzanin (Halb- oder Zwischengeschoss) unterhalb des Satteldachs mit einem Dachgiebel an der Gleisseite von 1866 besaß einen östlichen, einstöckigen Fachwerkanbau ebenfalls mit Satteldach. Im Erdgeschoss gab es Warteräume, Fahrkarten- und Gepäckschalter sowie weitere Diensträume. Im oberen Halbgeschoss waren Wohnungen für die Bahnbediensteten entstanden.Ein Güterschuppen, ein Abtrittgebäude und eine Stallung komplettierten die Bahnhochbauten.Schon mit Eröffnung des Streckenabschnitts 1866 gab es einen Gleisanschluss zur Braunkohlegrube Concordia. Dementsprechend war auch die Gleisanlage angelegt worden.Weitere Streckeneröffnungen, Ausbauten oder Änderungen•1888 entstand eine Brikettfabrik auf der Grube Concordia. Dafür musste die Gleisanlage erweitert werden.•Mit zunehmendem Abbau der Braunkohlevorräte musste die Grube erweitert werden. Dadurch bedingt entstand eine Neutrassierung des Streckenteils zwischen Frose und Gatersleben. Der Bahnhof Nachterstedt erhielt um 1910 ein neues Stationsgebäude.Das zweite EmpfangsgebäudeDas dreigliedrige Stationsgebäude in Seitenlage im Heimatstil errichtet, besaß einen traufenständigen, einstöckigen Mittelbau mit extrem hohem Satteldach und jeweils einen giebelständigen, zweistöckigen Seitenflügel mit einem Ober- und Dachgeschoss aus Fachwerk mit jeweils einem Sattel- und einem Walmdach mit Dachgauben. Auf dem Dach des Mittelbaus war ein Uhrenturm mit Zwiebelkuppel und seitlichen Schleppgauben mit je drei Rechteckfenstern entstanden. Das Erdgeschoss war verputzt. Im Mittelbau gab es eine Schalterhalle mit Fahrkarten- und Gepäckschalter sowie einen Zugang zur Bahnhofswirtschaft und zu den Wartesälen für die verschiedenen Wagenklassen. Ein Treppenhaus führte zu den Obergeschossen, wo sich auch die Wohnung der Pächterin der Bahnhofswirtschaft sowie die Gästezimmer für die Besucher der Grube befanden.Ein an beiden Seiten überdachter Treppenabgang führte durch einen Personentunnel vom Haus- zum überdachten Inselbahnsteig. Am Hausbahnsteig war nur der Ein/Ausgang überdacht.Ein separates, einstöckiges Wohnhaus mit Walmdach für die Bahnbediensteten entstand etwas weiter südöstlich des Stationsgebäudes. Dazwischen war ein separates Waschküchengebäude mit Nutzgarten gebaut worden. Der Bahnhof gehörte 1938 zur RangklasseII.Weitere Streckeneröffnungen, Ausbauten oder Änderungen•1914 wurde ein Kraftwerk auf dem Grubengelände errichtet.•1915 wurden zwei Stellwerksgebäude [No] [Nw] im Bahnhof errichtet. Das Fahrdienstleiter Stellwerk [No] befand sich am Ende des Inselbahnsteigs.•Ab 1928 wurde die alte Gemeinde Nachterstedt umgesiedelt.•Die Braunkohleförderung wurde 1990 eingestellt. Aus dem Tagebau entstand später der Concordia-See, der ab 1996 geflutet wurden. Eine rote Boje erinnert an den ehemaligen Kirchturm von Alt-Nachterstdt.•Die Deutsche Bahn AG (DBAG) bot das Empfangsgebäude zum Verkauf an und errichtete einen neuen Außenbahnsteig. Der alte Inselbahnsteig wurde abgetragen und die Gleise bis auf das Notwendige zurückgebaut.•2017 musste das unter Denkmalschutz stehende Stellwerk abgerissen werden.Was hat sich verändert, was ist gebliebenDie Fenster und Türen des Stationsgebäudes sowie das Stellwerks wurden abgedeckt und der Personentunnel an beiden Enden verschlossen. Das Empfangsgebäude und der hölzerne Güterschuppen befanden sich schon zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen (Okt. 2015) in einem desolaten Zustand. Das Empfangsgebäude steht unter Denkmalschutz.An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei der Autorin Helga Woodruff für den Auszug aus Ihrem Buch bedanken, die den Alltag der Pächterin in der Bahnhofswirtschaft Nachterstedt schildert.Die Jahresangaben (außer den Stellwerken, der Grube Concordia und Streckendaten) können teilweise stark abweichen, da keine genauen Daten verfügbar sind.
Planung und KonzessionDurch Preußische Konzession vom 13. April 1864 (Preußische Gesetzsammlung Jahrgang 1864 Nr. 13 Seite 173), Hannöverische Konzession vom 15. Dezember 1866 (Amtsblatt für Hannöverische Regierung Jahrgang 1867 Nr 3 Seite 33) und Anhalt Konzession vom 28. Juli 1864 (Anhalt Gesetzsammlug Jahrgang 1864 Nr 89 Seite 553) erhielt die Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn-Gesellschaft die Genehmigung zum Bau und Betrieb einer Strecke Bernburg-Blochstelle - Waldau - Güsten - Aschersleben - Frose - Hedersleben - Wedderstedt - Bezirksgrenze - Wegeleben.Zur Durchführung der Strecke durch Han und Anhalt Gebiet wurde der Staatsvertrag zwischen Preußen und Hannover und Anhalt vom 30. Januar 1864 (Preußische Gesetzsammlung Jahrgang 1864 Nr 13 Seite 173) abgeschlossen. Die Bahnlinie ging gemäß Gesetz vom 20. Dezember 1879 in den Besitz von Preußen über (Preußische Gesetzsammlung Jahrgang 1879 Nr 46 Seite 635)